Pseudomonas_aeruginosa

Pseudomonas aeruginosa im Neubau eines Altenheims – Bekämpfung durch thermische Desinfektion

Es war der Supergau für ein Installationsunternehmen aus Köln: In einer neu errichteten Trinkwasserinstallation eines Pflegeheims wurde das Bakterium Pseudomonas aeruginosa festgestellt. Die Abnahme und Inbetriebnahme des Heimes wurden aufgeschoben. Die erste thermische Desinfektion musste abgebrochen werden, die zweite war erfolgreich. Danach konnte das Pflegeheim den Betrieb aufnehmen, auch die drei Freigabeprüfungen zeigten den nachhaltigen Erfolg. 

Fallbeispiel

Ort: Köln

Gebäudeart: Neubau eines Altenheims

Problem: PSA-Kontamination der Trinkwasserinstallation – Feststellung bei Erstuntersuchung vor Inbetriebnahme

Folge: Abnahme und Betrieb verschoben

Maßnahme 1: Erste thermische Desinfektion –  Abbruch im Neubau

Maßnahme 2: Zweite thermische Desinfektion im Neubau – erfolgreich

Ergebnis: Betrieb des Altenheims konnte aufgenommen werden

„Der vorliegende Fall zeigt: eine erfolgreiche thermische Desinfektion setzt höchste Sorgfalt bei der Planung und Durchführung voraus. Auch wenn die konkrete Ursache der Kontamination im Altenheim nicht ermittelt werden konnte, führte das wiederholte und präzise Vorgehen letztlich zu einer dauerhaften Befreiung von Pseudomonas aerigunosa.“

Dr. Peter Arens ist Hygienespezialist bei Schell und ö. b. u. v. Sachverständiger für das Teilgebiet Trinkwasserhygiene

Pseudomonas aeruginosa

Was ist Pseudomonas aeruginosa?

  • Kaltwasserbakterium (kommt nicht über 45 °C vor)
  • Vorkommen überall dort, wo Feuchtigkeit ist „Pfützenbakterium“
  • Extrem geringe Nährstoffansprüche
  • Starker Biofilmbildner und hohe Antibiotika-Resistenz

Welche Risiken bestehen?

  • Für gesunde Menschen meist harmlos
  • Verursacht bei immungeschwächten Menschen schwere Infektionen (z.B. Lungenentzündungen oder Blutvergiftungen)

Warum ist Pseudomonas aeruginosa gerade im Altenheim so gefährlich?

  • Bewohner haben oft ein geschwächtes Immunsystem
  • Infektionen verlaufen bei älteren Menschen oft schwer oder tödlich
  • Medizinische Geräte wie Katheter erhöhen das Infektionsrisiko

Was tun beim Befall der Trinkwasserinstallation?

Für die Dekontamination einer mit Pseudomonas aeruginosa kontaminierten Trinkwasserinstallation empfiehlt sich besonders die thermische Desinfektion.

Thermische Desinfektion

Bei der thermischen Desinfektion wird das Wasser in der Trinkwasserinstallation erhitzt, um die Bakterien abzutöten. Die Wärme durchdringt den Biofilm und tötet auch dort die Bakterien ab, wo Desinfektionsmittel kaum hingelangen: In anströmungsfreie Bereiche wie in Spalten und unter Dichtungen. Da Pseudomonaden schon bei 45 °C absterben, reichen 60 °C für die thermische Desinfektion aus.

Vorbereitung der thermischen Desinfektion

  • Werkstoffe und Geräte der Kaltwasserinstallation auf Hitzebeständigkeit prüfen (z. B. Armaturen, Spülkästen, angeschlossene Geräte wie Kaffeemaschinen)
  • Alle Entnahmestellen und Totleitungen identifizieren – Totleitungen „aktivieren“ oder entfernen
  • Bauliche Maßnahmen, um ewärmtes Trinkwasser in die Kaltwasserinstallation zu leiten – ggf. mit einem separaten Trinkwassererwärmer
  • Verbrühungsschutz temporär deaktivieren und ggf. Bereiche absperren, um die Bewohner zu schützen

Durchführung der thermischen Desinfektion

  • Wasser erhitzen und über den Anschlusspunkt in die Kaltwasserinstallation leiten
  • Jede Entnahmestelle muss mit dem heißen Wasser gespült werden
  • Temperaturmessung an jeder Entnahmestelle – sicherstellen, dass die erforderliche Mindesttemperatur erreicht wird
  • Wird die erforderliche Mindesttemperatur nicht erreicht, muss die Maßnahme unterbrochen und neu durchgeführt werden (vorher technische Fehler beheben)

Wichtig: Bei der thermischen Desinfektion darf kein einziges Bakterium überleben, da nach der Maßnahme wieder normale Kaltwassertemperaturen vorliegen. Das heißt, es gibt keine „Nachdesinfektion“ wie im Warmwasser. 

Vorgehen im Fallbeispiel

Im Kölner Altenheim wurde aufgrund der Pseudomonaden-Kontamination eine thermische Desinfektion der Kaltwasserinstallation durchgeführt.

Erste thermische Desinfektion – abgebrochen im Neubau

Das erwärmte Trinkwasser wurde zunächst von der Technikzentrale gegen die eigentliche Fließrichtung zurück zum Kaltwasserverteiler im Hausanschlussraum geführt und dort abgeleitet. Da der bereits bestehende und ebenfalls über diesen Verteiler versorgte Altbau keine Kontamination mit Pseudomonas aeruginosa aufwies, war die thermische Desinfektion dieses Leitungs- und Verteilerabschnitts ausreichend. 

Neubau: Anschließend wurden alle Entnahmestellen im neuen Gebäude thermisch desinfiziert. Hier wurde allerdings nach der Desinfektion der ersten Entnahmestellen nur noch eine Maximaltemperatur von 50 °C gemessen – woraufhin die Maßnahme abgebrochen wurde. Ursache des Problems war ein Fehler am Warmwasserbereiter.

Zweite thermische Desinfektion – mit Erfolg

Nach Behebung des technischen Problems wurde die thermische Desinfektion erneut durchgeführt – diesmal mit stabiler Temperatur. Alle Entnahmestellen wurden einzeln durchgespült. Nach jeweils 2, 6 und 12 Wochen wurden Erfolgskontrollen durchgeführt. Hier konnten keine Bakterien mehr nachgewiesen werden

Die Maßnahme verlief erfolgreich und alle Entnahmestellen waren dauerhaft frei von Pseudomonas aeruginosa.

Dazu beigetragen hat auch der notwendige bestimmungsgemäße Betrieb über jede Entnahmestelle!

Worauf kommt es bei der thermischen Desinfektion an?

  • Min. 60 °C an jeder Entnahmestelle – lückenlos
  • Alle Totleitungen erfassen, entfernen oder „aktivieren“
  • Verbrühungsschutz deaktivieren
  • Dokumentation der Wassertemperatur
  • Nachkontrollen sind Pflicht

Erfolgskontrolle der thermischen Desinfektion

Im DVGW W 551-2 (A) Kapitel 5.6 sind drei „Freigabeprüfungen“ nach der Sanierung einer mit Pseudomonas aeruginosa kontaminierten Trinkwasserinstallation vorgesehen:

  1. Prüfung – nach 2 Wochen
  2. Prüfung – nach 6 Wochen
  3. Prüfung – nach 12 Wochen

Wichtig: Unmittelbar nach einer „Sanierung“ sind die Befunde fast immer einwandfrei, nicht jedoch nach sechs oder zwölf Wochen. Doch genau darauf kommt es an: Die Sanierung muss nachhaltig sein!

Hinweis: Trotz sorgfältiger Durchführung ist der sofortige Erfolg in großen Gebäuden eher die Ausnahme. Oft bleiben einzelne Entnahmestellen kontaminiert – aus zunächst unklaren Gründen. Erst bei der erneuten Überprüfung der gesamten Installation, dem Öffnen von Revisionsklappen und der Entdeckung weiterer Rahmenbedingungen findet sich dann oftmals eine Erklärung. Nach Beseitigung dieser Mängel kann eine wiederholte thermische Desinfektion den Erfolg sichern. 

  Thermische Desinfektion Chemische Desinfektoin
Wirkprinzip Hitze tötet die Bakterien Desinfektionsmittel greift die Zellwände an
Wirkung im Biofilm Durchdringt auch tiefe Biofilmschichten Nur oberflächliche Wirkung im Biofilm 🡪 Bakterien leben an der Basis des Biofilms weiter
Eignung bei Pseudomonas aeruginosa Sehr gut geeignet Kaum wirksam, da dieses Bakterium sehr viel Biofilm bildet und auch unter Dichtungen lebt

Hygienerisiko nicht unterschätzen – Pseudomonas aeruginosa im laufenden Betrieb vorbeugen

„Eintrag“ von Außen verhindern

Um eine Kontamination durch produktionsseitig kontaminierte Bauteile zu verhindern, sollten nur hygienisch unbedenkliche Produkte verbaut werden. Dies ist immer dann gegeben, wenn sie beim Hersteller trocken statt nass auf Dichtigkeit geprüft wurden. Bei Sanitäramaturen ist dies problemlos möglich, wie SCHELL beweist. Dennoch ist dies noch immer kein Branchenstandard. 

Es gibt aber auch Produkte, die im Herstellungsprozess mit Wasser beaufschlagt werden müssen, vor allem aufgrund von Einstell- und Kalibrierarbeiten. Für diese muss dann gemäß DVGW W 551-4 (A) ein Hygienekonzept des Herstellers bis zum Einbauort vorliegen

Tipp: DVGW W 551-4 (A) und VDI 6023 Blatt 1 empfehlen, im Leistungsverzeichnis und bei Bestellung beim Großhandel hygienisch einwandfreie Produkte zu fordern.

Regelmäßiger Wasserwechsel dank Wassermanagement-System

Entscheidend für den Erhalt der Trinkwassergüte im Betrieb ist ein regelmäßiger Wasserwechsel über alle Entnahmestellen. Mit einem Wassermanagement-System wie SCHELL SWS/ SMART.SWS lässt sich der bestimmungsgemäße Betrieb über alle Entnahmestellen simulieren. Im Falle einer Sanierung können mit SWS zudem thermische Desinfektionen optimal geplant und durchgeführt werden. 

Untersuchungspflichten

Von einer Untersuchungspflicht betroffen sind „Prioritär-öffentliche Einrichtungen“. Beginnend mit der Neuerrichtung oder bei größeren Umbauten an der Trinkwasserinstallation müssen die Einrichtungen mindestens einmal jährlich auf Pseudomonas aeruginosa untersucht werden.

Prioritäre öffentliche Einrichtungen (DVGW W 551-4):

  • Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen (Altenpflegeheime, Pflegeheime)
  • Einrichtungen für ambulantes Operieren, Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken, Entbindungseinrichtungen, Einrichtungen zur Rehabilitation
  • Kindertagesstätten

Hinweis: In DVGW W 551-4 (A) vom März 2024 finden Sie alle wichtigen Hinweise und eine detaillierte Aufführung dazu, wie Kontaminationen vermieden und auch beseitigt werden können. Es ist das erste Arbeitsblatt für die Sanitärbranche zu diesem Bakterium.  

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